Welche Herausforderungen bringt das Thema für Sparkassen mit sich und welche Chancen sehen Sie?

Mona Tomaschitz: Herausforderungen sehen wir in den zunehmenden regulatorischen Anforderungen bspw. in der Nachhaltigkeitsberichterstattung und dem Risikomanagement von ESG-Risiken. Zum einen geht es dabei um erforderliche personelle Ressourcen zur Umsetzung, zum anderen auch um inhaltliche Themenstellungen. Gerade zur Bewertung und Quantifizierung von Nachhaltigkeitsrisiken gibt es zum aktuellen Zeitpunkt keine »fertigen Lösungen«, was die Institute vor Herausforderungen in der Erfüllung der Regulatorik stellt. Das Thema Nachhaltigkeit bietet gleichzeitig auch große vertriebliche (Ertrags-)Chancen. Sei es die Ausweitung der Beratungsleistung Transformationsfinanzierung im gewerblichen Kundensegment, die energetische Sanierungs- und Modernisierungsberatung im wohnwirtschaftlichen Bereich oder die Produktausweitung, z.B. »grüne« Finanzierungen oder Bürgerbeteiligungen zur Finanzierung von Solarparks oder Ähnliches.

FI-Magazin: Welche Rolle spielt der ESG-Score aus Ihrer Sicht? 

Gabriele Eweler: Aus meiner Sicht eine Doppelrolle: Einerseits beeinflusst er vertriebliche Aktivitäten im Kreditgeschäft, andererseits unterstützt er bei der regulatorischen Umsetzung. Unsere Berater bekommen dadurch eine Unterstützung in der Kundenberatung und können die Kunden gezielt ansprechen, informieren und mit den passenden Lösungen versorgen. Aus Risikosicht erhalten wir über den ESG-Score eine Klassifizierung unserer Kunden und unseres Kreditportfolios und können so die Aktivseite der Bilanz auch hinsichtlich der Klimaneutralität steuern.

Thomas Metternich: Der ESG-Score war der erste Schritt, um unsere Risikoeinschätzungen um Nachhaltigkeitsaspekte zu erweitern. Der ESG-Score wird in der Sparkasse KölnBonn bereits aktiv für die interne Berichtserstattung genutzt. Zudem bildet er die Basis für unsere Kundenbetreuer, um strukturiert die richtigen Fragen gemeinsam mit unseren Kunden zu erörtern. Die SR entwickelt den ESG-Score fortlaufend weiter – methodisch und datenbasiert. Dabei liefern die Daten aller Institute aus der neuen ESG-Anwendung wertvolle Erkenntnisse für die Modellierung der Nachhaltigkeitsrisiken sowohl der gewerblichen Kunden als auch der Immobilienkunden und deren Objekte. Ich denke, dass der ESG-Score künftig immer mächtiger werden wird und den Sparkassen zunehmend mehr Möglichkeiten im Hinblick auf die ESG-Klassifizierung ihrer Kunden einräumt.


Mona Tomaschitz
Referentin Nachhaltigkeit Vorstandsstab
»Die Rolle des ESG-Scores wird immer bedeutender. Neben den Anforderungen unserer Kunden und der Aufsicht wollen wir uns als Sparkasse immer nachhaltiger ausrichten. Hierzu ist der ESG-Score ein zentraler Bestandteil. Wir nutzen den ESG-Score aus vertrieblicher Sicht, um mit unserer Kundschaft zu diesem speziellen Thema ins Gespräch zu kommen. Viele Kunden können allerdings aktuell noch keine individuellen Daten liefern.«


FI-Magazin: Nutzen Sie den ESG-Score in caballito? 

Gabriele Eweler: Wir haben die Anwendung caballito mit Vertretern mehrerer Teams in der Sparkasse Bielefeld umfangreich getestet. Trotz vieler positiver Aspekte haben wir uns letztlich dafür entschieden, auf die Umsetzung in OSPlus zu warten. Wir setzen auf OSPlus als Standard in der Sparkassen-Finanzgruppe und wollen den Mitarbeitern die Einführung von zwei neuen Systemen innerhalb kurzer Zeit ersparen.

Thomas Metternich: Wir nutzen caballito, um unser gewerbliches Kundenkreditgeschäft mit dem S-ESG-Score-Modell zu bewerten. Das Ergebnis nutzen wir sowohl für den quartalsweisen Risikobericht, als auch im Rahmen der Risikoinventur. 

Mona Tomaschitz: Ja, zum Portfoliovergleich mit der Sparkassen-Finanzgruppe.

FI-Magazin: Was bedeutet für Sie die Einbindung des ESG-Score in OSPlus? 

Gabriele Eweler
Rating und Bilanzanalyse
»Das ist für uns extrem wichtig und mehrwertig. Unsere Mitarbeiter kennen das System, fühlen sich dort sicher im Umgang. Die Beurteilung der ESG-Faktoren erfolgt in einem zentralen System, jeder kann darauf zugreifen und eine einheitliche Bearbeitung und Dokumentation ist gewährleistet. Das OSPlus-Release 23.1 ermöglicht eine ESG-Bewertung unabhängig von einem Neuantrag: Die in Bilanz- und ESG-Gesprächen gewonnenen Informationen können für weitere vertriebliche Anlässe und interne Bewertungen genutzt werden.«


Thomas Metternich: Durch die OSPlus-Integration erhoffen wir uns die Möglichkeit, Einzelkunden-spezifische Informationen zu speichern und für Zwecke der Banksteuerung nutzen zu können. Uns ist bewusst, dass es eine gewisse Zeit dauern wird, bis genügend Kunden individualisiert wurden, um Effekte auf dem Gesamtportfolio zu sehen. Aber die OSPlus-Integration markiert für uns das frühestmögliche Datum, um individuelle Kundendaten auf Ebene der ESG-Einzelfaktoren in der Banksteuerung nutzen zu können.

Mona Tomaschitz: Die Bandbreite der Einsatzgebiete ist vielfältig: zur Unterstützung der Kreditprozesse in Beratung, Bearbeitung und Controlling. Er bietet einen einfachen Zugriff in OSPlus und bietet einfache Auswertungsmöglichkeiten. Wichtig ist zudem die individuelle Anpassungsmöglichkeit bei einzelnen Kunden.

FI-Magazin: Was ist Ihnen bei der Weiterentwicklung wichtig? 

Gabriele Eweler: Es sollte die bisher bestehende Anwenderfreundlichkeit erhalten bleiben. Hilfetexte in der Anwendung könnten die User fachlich unterstützen. Wir freuen uns auf den Einsatz in der Sparkasse und werden im Rahmen einer internen Evaluation die Nutzer ermutigen, ihre Eindrücke und Weiterentwicklungsideen an mich weiterzuleiten, damit ich diese komprimiert in die PAT-Treffen einbringen kann. 


Thomas Metternich
Kreditrisiko- und OpRisk-Controlling
»Um möglichst flexibel auf künftige aufsichtliche Anforderungen reagieren zu können, ist es wichtig, sämtliche erhobenen Kundendaten zu speichern und auswertbar zu machen – auf der granularsten Ebene. «


Thomas Metternich: Um möglichst flexibel auf künftige aufsichtliche Anforderungen reagieren zu können, ist es wichtig, sämtliche erhobenen Kundendaten zu speichern und auswertbar zu machen – auf der granularsten Ebene. 

Mona Tomaschitz: Die Evolution zum ESG-Kundenscore, d. h. eine – gegebenenfalls individualisierte – ESG-Note pro Kunde, wäre eine interessante Anwendung. Ansonsten ist uns die Einbindung in OSPlus- bzw. OSPlus_neo-Prozesse, wichtig; genauso wie die Integration in das Gesamtbankreporting und die Ausgabe unterstützender Kundendokumente. Interessant fände ich weitere Individualisierungsmöglichkeiten auf Einzelhausebene, aber auch die Weiterentwicklung der Integration in unser Kernbanksystem OSPlus. 

Mehr zum ESG-Score erfahren Sie auf dem FI-Forum im Themenbereich »Steuerung« (Standplatz ST07