Sie sind durch die Bank weg zu berücksichtigen – beginnend vom Vertriebsprozess bis hin zur Gesamtbanksteuerung und zum Reporting. Das Thema Nachhaltigkeit wird so zum integralen Bestandteil des Geschäftsmodells und der Strategie. Für Sparkassen ist das Pflicht und Chance zugleich. Die Finanz Informatik bietet wichtige Unterstützung durch einheitliche Lösungen in OSPlus, um die Ziele der Sparkassen effektiv zu erreichen.
Ob Albert Einstein wohl ESG-Risiken im Sinn hatte, als er meinte »Nicht alles, was zählt, kann gezählt werden, und nicht alles, was gezählt werden kann, zählt«? Für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zählen Nachhaltigkeitsrisiken in den Kategorien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung auf jeden Fall. Um im Kreditgeschäft eine nachhaltige Ausrichtung zu gewährleisten und einen Weg zu mehr Zukunftsfähigkeit zu definieren und zu überwachen, ist es entscheidend, die Nachhaltigkeit eines Kreditportfolios messbar zu machen. Dies geschieht durch den ESG-Score, der die Nachhaltigkeit in den drei Dimensionen (E), (S) und (G) bewertet. Dabei steht »E« für Environmental und fokussiert sich auf ökologische Umweltfreundlichkeit sowie den Umgang von Unternehmen mit Umweltthemen. »S« steht für Social, was die soziale Verantwortung und den Beitrag von Unternehmen zur Gemeinschaft und für ihre Mitarbeitenden betrifft. »G« repräsentiert Governance und steht für Unternehmensführung sowie die ethische und transparente Leitung von Unternehmen. Dabei sind naturgemäß einige ESG-Aspekte leichter zu messen und zu quantifizieren als andere. Qualitative Faktoren wie »soziale Gerechtigkeit« oder »ethische Führungspraktiken« sind im Beratungsalltag eine echte Herausforderung in Bezug auf Identifizierung und Quantifizierung. Dennoch sind auch diese Risiken – nicht nur gemäß aufsichtsrechtlicher Anforderungen – nachvollziehbar zu bewerten und in das unternehmensweite Risikomanagementrahmenwerk einzubetten. Das FI-Magazin stellt einen neuen Lösungsansatz für die Identifizierung und Klassifizierung von ESG-Risiken vor.
Der ESG-Score zum OSPlus-Release 23.1 Die Sparkassen-Finanzgruppe hat das Thema Nachhaltigkeit hoch priorisiert. Bereits frühzeitig wurden zahlreiche Projektvorhaben aufgesetzt und Prototypen als schnelle Zwischenlösung entwickelt. Nun kommt es darauf an, Prozesse und Verfahren für die Bewertung und Integration von ESG-Risiken weiterzuentwickeln oder anzupassen. Hier leistet die FI als Digitalisierungspartner der Sparkassen-Finanzgruppe wichtige Unterstützung durch zentrale Lösungen im OSPlus. Zur Bewertung von Nachhaltigkeitsrisiken stellt die FI ihren Kunden mit dem OSPlus-Release 23.1 die neue Anwendung »ESG-Score« bereit, basierend auf der methodischen Konzeption der Sparkassen Rating und Risikosysteme GmbH (SR). Dies ist die erste im OSPlus integrierte Lösung zur Bewertung von ESG-Risiken bei gewerblichen Kunden sowie Immobiliengeschäftskunden.
So funktioniert es
Der ESG-Score unterstützt die Institute in erster Linie bei der Einhaltung aufsichtsrechtlicher Anforderungen. Gleichzeitig bildet er die Basis für die Steuerung von Nachhaltigkeitsrisiken auf Kunden- und Portfolioebene, indem er die technische Voraussetzung für die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in die Risikoidentifikations-, Steuerungs- und Controlling-Prozesse einschließlich Szenarioanalysen und Stresstests bereitstellt. Der ESG-Score steht sowohl im Kreditantragsprozess als auch in Form einer eigenständig nutzbaren Anwendung zur Verfügung. Der bisher in »OSPlus-Kredit gewerbliche Finanzierung« integrierte ESG-Check sowie die Zwischenlösung der S-Rating und Risikosysteme in caballito werden durch den ESG-Score ersetzt. Bedeutsam für den praktischen Einsatz: Etwaige Vorbelegungsdaten für individuelle Bewertungen können bequem aus caballito in den ESG-Score migriert werden – die bisherigen Daten und Informationen gehen damit nicht verloren, sondern sind weiterhin nutzbar. Keine Sorge: Auch ohne die vorherige Zwischenlösung ist der neue ESG-Score im OSPlus vollumfänglich nutzbar.
Intuitive und moderne Benutzeroberflächen
Neben der technisch fundierten Infrastruktur wurden für den neuen ESG-Score State-of-the-Art-Benutzeroberflächen entwickelt, welche sich durch einen besonders hohen Benutzerkomfort auszeichnen. Ein einheitlicher Standard der Oberflächen sorgt für eine intuitive Bedienung und erleichtert den Workflow. Die Anwendung unterstützt die Beraterin und den Berater dabei, die Nachhaltigkeitsrisiken ihrer Kunden ganzheitlich zu verstehen und zu bewerten. Wertvolle Funktionalitäten sind in dem ESG-Score umgesetzt: Mit der benutzerfreundlichen Oberfläche kann mühelos der ESG-Kundenscore basierend auf dem Wirtschaftszweig und der Postleitzahl ermittelt werden. Das System analysiert die Angaben und erstellt eine umfassende Bewertung. Für Immobilienkunden bieten wir den ESG-Portfolioscore an. Hier bewerten wir das Immobilienportfolio anhand von Indikatorwerten und erstellen eine Nachhaltigkeitsbewertung.
Folgende Bewertungsergebnisse werden ermittelt:
- ESG-Kundenscore: Die ESG-Risiken des Kunden werden anhand der Zugehörigkeit zu seiner Branche (WZ-Code) und der Postleitzahl seines Firmensitzes automatisch bewertet. Über den Firmensitz werden physische Risiken, wie zum Beispiel Hochwasser, berücksichtigt. Die Ergebnisse werden in der Anwendung durch hinterlegte Rückfallwerte bestimmt.
- Individuelle Kundenbewertung: Erfordern regulatorische oder institutsspezifische Vorgaben eine individuelle Bewertung des Kunden, werden die ESG-Risiken des Kunden im Vergleich zu den Rückfallwerten bewertet. Es können kundenspezifische Indikatorwerte verwendet werden. Bei Immobiliengeschäftskunden wird zusätzlich der ESG-Portfolioscore im Ergebnis berücksichtigt.
- ESG-Portfolioscore: Die ESG-Risiken der im Institut finanzierten, inländischen Immobilien werden auf Basis relevanter Objektdaten automatisch ermittelt. Berechnet werden verkehrswertgewichtete Mittelwerte abgeleitet aus Postleitzahl, Nutzungsart und Baujahr. Im Rahmen der Immobilienbewertung können zudem objektspezifische Indikatorwerte verwendet werden.
Die Datenhaltung des ESG-Scores erfolgt zentral in OSPlus. Zusätzlich stehen die ESG-Bewertungen auch im Integrierten Datenhaushalt (IDH) zur Verfügung. Damit wird eine essenzielle Voraussetzung geschaffen, um alle notwendigen ESG-Daten in der Banksteuerung berücksichtigen und von sämtliche Funktionen wie automatisierten Reports profitieren zu können. »Das Einbinden der ESG-Daten in den Integrierten Datenhaushalt ermöglicht es uns zukünftig, die Institute in allen Prozessen, z. B. im Risikomanagement, im Meldewesen und beim Reporting zu unterstützen«, betont Jörg Rüsche, Leiter des Geschäftsbereichs »Vertriebs- und Banksteuerung« der FI.
Ausblick: Nachhaltigkeit ist Erfolgsfaktor
Gemeinsam mit den Partnern in der Sparkassen-Finanzgruppe hat die FI das Thema ESG-Risiken frühzeitig adressiert und mit dem ESG-Score den ersten wichtigen Baustein agil umgesetzt. Kontinuierlich werden sowohl die fachlichen als auch die technischen Funktionalitäten des ESG-Scores – und damit die immer präzisere Bewertung von ESG-Risiken – in den nächsten Jahren weiterentwickelt und optimiert. In den kommenden Jahren ist geplant, die Bewertung von physischen Risiken durch die Entwicklung einer Vulnerabilitätsmatrix zu verfeinern. Durch einen modularen Aufbau der Nachhaltigkeitsbewertung soll zudem mehr Transparenz in Bezug auf das Ergebnis der einzelnen Bewertungen geschaffen werden, um den Nutzern einen maximalen Komfort bei der Analyse der Ergebnisse zu bieten. Bereits heute ist jedoch absehbar, dass die regulatorischen Anforderungen bei den ESG-Risiken noch weiter zunehmen werden – und zwar schneller, verbindlicher und umfänglicher als von vielen vermutet oder erhofft. Damit stellt sich eigentlich nicht mehr die Frage nach dem »Ob«, sondern nur nach dem »Wann« und »Wie«. Oder, um es mit einem Zitat von Albert Einstein zu sagen: »Das, wobei unsere Berechnungen versagen, nennen wir Zufall.« Nachhaltigkeit als Komponente für den unternehmerischen Erfolg ist jedoch viel zu bedeutsam, um sie dem Zufall zu überlassen.