Das Verfahren unterstützt die Institute dabei, ihre Kunden bestmöglich bei der Finanzierung von kommerziellen Immobilien zu begleiten. Dabei handelt es sich um Immobilien, bei denen die Erträge in Form von Mieten, Pachten und Verkaufserlösen direkt den Objekten zugeordnet werden können. 

Für Banken und Sparkassen bleibt die Finanzierung von kommerziellen Immobilien nach wie vor eine bedeutende Ertragsquelle. Dabei handelt es sich um eine besonders komplexe Finanzierungsart, da der Kapitaldienst für die gewährten Finanzierungsmittel aus den erwirtschafteten Einkünften, wie etwa Mieteinnahmen oder Verkaufserlösen, erbracht werden soll. Um den Besonderheiten der kommerziellen Immobilienfinanzierung Rechnung zu tragen, hat die Finanz Informatik (FI) basierend auf den fachlichen Vorgaben der Sparkassen Rating und Risikosysteme (SR) das Sparkassen-ImmobiliengeschäftsRating entwickelt. Dabei steht im Unterschied zu den sonstigen Risikoklassifizierungsverfahren die Immobilie als einzige respektive wesentliche Einkommensquelle des Kreditnehmers im Mittelpunkt des Bewertungsverfahrens. Das Sparkassen-ImmobiliengeschäftsRating wurde entwickelt, um den Ertragswert inländischer, kommerzieller Immobilienobjekte, welche im Rahmen eines Rating-Vorganges analysiert werden, zu beurteilen. Zusätzlich zu den Risiken der Investitionsobjekte werden aber gleichfalls die Risikoaspekte und die Bonität des Kreditnehmers bzw. des Unternehmens betrachtet. Das geschieht mit einem detaillierten Blick auf die Einkommens-, Vermögens- und Finanzierungssituation. Im Ergebnis des Rating-Vorgangs werden Kunden mit kommerziellen Immobilien trennscharf in Risikoklassen eingeteilt, die in Form einer Rating-Note ausgegeben werden. Den einzelnen Risikoklassen werden über empirische Analysen Ausfallwahrscheinlichkeiten zugeordnet. Das alles mit dem Ziel, nur solche Risiken einzugehen, die unter Risiko-Ertragsgesichtspunkten konform mit der Strategie des Instituts gehen und Kreditausfälle auf ein Minimum reduzieren.

Das Sparkassen-ImmobiliengeschäftsRating ist ein aufsichtlich abgenommenes Rating-Verfahren, das als Basis für das Risikomanagement von Kreditrisiken fungiert und die Anforderungen der Capital Requirements Regulations (CRR) in Bezug auf die Ermittlung der Eigenmittelanforderungen für Kreditrisiken erfüllt. Dabei dient das Verfahren sowohl dem Kreditrisikostandardansatz (KSA) als auch dem auf internen Beurteilungen basierenden Ansatz, dem sogenannten IRB-Ansatz, für dessen Verwendung eine Erlaubnis der BaFin in Bezug auf die Eignung des Rating-Verfahrens notwendig ist. Zur Ermittlung der regulatorischen Eigenkapitalunterlegung von Kreditrisiken ermöglicht der IRB-Ansatz den Instituten einen risikosensitiveren Ansatz, der auf institutseigenen Rating-Verfahren basiert. Dabei werden Bonitätsgewichtungen über schuldnerbezogene Risikoparameter bestimmt.

Das ImmobiliengeschäftsRating auf der Rating-Plattform

 Das ImmobiliengeschäftsRating wird gesamtheitlich mit weiteren angebotenen Bonitätsbewertungsverfahren, wie demStandardRating für Firmenkunden, auf einer Rating-Plattform über das OSPlus-Portal bereitgestellt. Durch eine Reihe von Schnittstellen für Importe und Exporte diverser Daten werden manuelle Erfassungsaufwände minimiert und ein maximaler Integrationsstand erreicht. So werden beispielsweise Finanzdaten aus der Bilanzsoftware »Einzelbilanzanalyse« (EBIL) des Deutschen Sparkassenverlages oder ebenso Markt- und Objektdaten aus der Immobilienbewertungssoftware LORA von on-geo per Knopfdruck übernommen. Mit der Integration des ImmobiliengeschäftsRatings auf der Rating-Plattform steht dem Benutzer gleichfalls die Anwendung Stärken-Potenzial-Profil (SPP) zur Verfügung. Diese bietet die Möglichkeit, dem Kunden das Zustandekommen seiner Rating-Note zu erläutern und ihn auf seine Stärken und Potenziale hinzuweisen. Die Einschätzung ergibt sich aus dem Vergleich mit anderen Unternehmen des gleichen Sektors und Segments.

Die Zusammensetzung des ImmobiliengeschäftsRatings

Ein Rating betrachtet ganzheitlich sowohl den Kreditnehmer als auch seine Immobilienobjekte. Es setzt sich deshalb aus verschiedenen Teilen, den sogenannten Informationsmodulen, zusammen. Zur Beurteilung der Finanzlage des Kreditnehmers beinhaltet das Finanzmodul als wesentliche Grundlage Informationen, die sich aus Bilanzen oder den Einkommens- und Vermögenswerten des Kunden ableiten lassen. Handelt es sich bei dem Kunden um eine BGB-Gesellschaft, werden die Bonitäten der ratingrelevanten Gesellschafter berücksichtigt. Merkmale über das Zahlungsverhalten aller ratingrelevanten Girokonten des Kreditnehmers fließen aus einem Vorsystem (Kennzahlendienste) in das Verhaltensdatenmodul ein. Um den Kreditnehmer in seiner Gesamtheit abzubilden, fließen darüber hinaus sogenannte qualitative Informationen in den Bewertungsprozess ein. Das sind beispielsweise Faktoren wie Zuverlässigkeit des Kunden oder Dauer der Geschäftsbeziehung sowie bei bilanzierenden Kunden Unternehmensentwicklung oder Managementqualität. Zur Bewertung der Immobilienobjekte werden Detailinformationen der einzelnen vom eigenen Institut finanzierten Immobilienobjekte erhoben und je nach Portfolioart zu einem Informationsmodul verdichtet. Die Portfolioarten unterscheiden sich in 

  • Investor-Objekte
  •  Bauträger- und Projektentwicklerobjekte sowie
  • in eine vereinfachte Form für Investor-Objekte (Investor-Kompakt).
»Aufgrund unseres attraktiven Geschäftsgebietes mit einer seit Jahren sehr guten Immobilienmarktentwicklung hat das Geschäftsfeld der gewerblichen Immobilienfinanzierungen in der Nassauischen Sparkasse seit jeher einen hohen Stellenwert. Das ImmobiliengeschäftsRating ist als zentraler Bestandteil in unseren Prozessen zur Risikoklassifizierung, Risikofrüherkennung und zur Bewertung der Kapitaldienstfähigkeit fest verankert. Als Standardverfahren der Risikoklassifizierung ist es ein von Vertrieb und Marktfolge gleichermaßen akzeptiertes Verfahren in der gewerblichen Immobilienfinanzierung und deckt einen bedeutenden Teil des Kreditportfolios der Nassauischen Sparkasse ab.« Thomas Eilerts Mitarbeiter Kreditanalyse; Nassauische Sparkasse

Der Rating-Ablauf

Ein ImmobiliengeschäftsRating kann grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten ermittelt werden. Standardmäßig wird ein vollständiges Rating manuell durch die Anwenderin oder den Anwender erfasst und freigegeben. Für bestimmte Anlässe, wie bei einem Kreditausfall, werden automatisierte Ratings erstellt. In der ersten Stufe werden die für den Kunden relevanten Informationsmodule durchlaufen. Welche Module dies im Einzelfall sind, hängt dabei sowohl vom Kundensegment als auch von der vorliegenden Informationsbasis ab. Die Kombination aus den betrachteten Finanz- und Kontoinformationen, den qualitativen Informationen sowie Informationen aus Immobilienobjekten bzw. dem Portfolio wird zur sogenannten Basisnote verdichtet. Im nächsten Schritt werden etwaige vorhandene Warnsignale berücksichtigt. Dabei handelt es sich um Informationen, die anzeigen, dass die im Basis-Rating bestimmte Bonität des Kunden um mehrere Rating-Klassen herabgestuft bzw. auf eine vorgegebene Bonität gesetzt werden muss. Diese Warnsignale sind als kundenindividuelle Risikoaufschläge zu verstehen. Aus dem Basis-Rating und der Berücksichtigung von Warnsignalen entsteht die Rating-Note nach Warnsignalen. Über Haftungsverbundinformationen werden die Einflüsse von Konzernstrukturen und der öffentlichen Hand als Gesellschafter auf die Bonität des Kreditnehmers berücksichtigt. Abhängig davon, wie die Konzernmutter geratet wurde, kann sich der Haftungsverbund auf die Basisnote oder die Note nach Warnsignalen auswirken. Die Möglichkeit der Notenübertragung ist bei Kunden mit manuellem Rating von Bedeutung. So besteht für Kunden mit einem manuellen Rating die Möglichkeit, die für einen Kunden ermittelte Rating-Note zu übertragen.

Rundumsorglos

 Beim Sparkassen-ImmobiliengeschäftsRating handelt es sich um ein aufsichtlich abgenommenes Rating-Verfahren, welches neben dem Kreditrisikostandardansatz (KSA) auch der Anwendung des höchst regulierten IRB-Ansatzes dient. Durch den bundeseinheitlichen Einsatz ständig aktualisierter Rechenkerne wird die Genauigkeit der Risikoparameter des ImmobiliengeschäftsRatings kontinuierlich verbessert. Den Instituten steht damit ein Verfahren zur Verfügung, mit dem die Bonität der Kreditnehmer sowie der finanzierten Objekte qualifiziert beurteilt werden kann – und das mit stetig steigender Qualität. Davon profitieren auf der einen Seite die Institute, können Kreditausfälle doch spürbar reduziert und damit aufwandswirksame Verluste gesenkt werden. Andererseits profitieren durch die implementierten Prozesserleichterungen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Institute als Anwender, da ein größtmöglicher Grad an Automatisierung und maschineller Unterstützung von Standardprozessschritten erreicht worden ist.