Im Firmenkundengeschäft stellen sich viele Institute häufig die gleichen Fragen: Wie kann ich die Kundenbedürfnisse einer persönlichen Betreuung aus der Ferne erfüllen? Wie lässt sich das technisch in meine Vertriebsstrategie einbinden? Die Antwort darauf dürfte in den meisten Fällen identisch sein: mit dem Business-Center (BC). Es spielt hier eine wichtige Rolle. Gerade im Hinblick auf die Umsetzung des S-Firmenkundenportals und die klassische stationäre Beratung wird dem gewerblichen Kunden eine umfassende Kundenansprache mit Zugang zu bedarfsgerechten Produkten und Services bereitgestellt. Das Business-Center leistet deshalb bereits heute einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Vertriebserfolge, senkt Vertriebs- und Produktionskosten und dient den Kunden als wichtige Verbindung hin zu einer omnikanalen Interaktion mit ihrer Sparkasse. Denn auch für viele Firmenkunden bleibt der persönliche Kontakt weiterhin relevant. Zwei handfeste Argumente werden damit deutlich. Mit dem Auffangen alltäglicher Servicefragen im Business-Center werden in der stationären Beratung Freiräume für Vertriebsaktivitäten geschaffen. Aus Sicht des Kunden bedeutet dies eine permanente Verfügbarkeit und zugleich die schnelle und kompetente Abwicklung ihrer Anliegen.

Technische Basis: die ISP

Aus heutiger Sicht lässt sich sagen: nie war ein Business-Center für eine Sparkasse relevanter. Bereits vor der Pandemie hat sich ein deutlicher Trend zur persönlichen Beratung aus der Distanz auch im gewerblichen Segment abgezeichnet. Das Business-Center eignet sich dazu hervorragend, denn es basiert aus technischer Sicht maßgeblich aus

• der Interaktiven Service-Plattform (ISP) für den In- und Outbound-Kontakt,

• OSPlus-Telefonie inkl. Sprachaufzeichnung und

• dem OSPlus-Portal und OSPlus_neo-Prozessen.

Diese Komponenten ermöglichen das Zusammenspiel von technischer Basis einerseits und Prozessen andererseits, die hier eine ganz besondere Rolle spielen. Das zeigt, dass der Aufbau eines Business-Centers nicht nur einen Mehrwert für die Sparkassen, sondern insbesondere auch für die Kunden bietet. Bundesweit haben bereits 59 % der Sparkassen einen persönlich-medialen Kanal im Firmenkundengeschäft im Einsatz. Bei 36 % davon werden die Kunden sogar durch eine telefonische Einheit mit Service- und Vertriebsangeboten vollständig betreut. Eine flächendeckende Umsetzung steht aber noch aus. Dabei helfen soll vor allem die Muster ISP PPS mit einem maßgeschneiderten Modul für das Business-Center – Informationen und Dokumentationen hierzu gibt es im FI-Kundenportal unter Mustersparkasse ProzessPlus.

Umsetzung in Theorie und Praxis

Im Juli 2021 hat der DSGV ein Projekt zur Erhöhung der Rollout-Fähigkeit mit dem Ziel aufgesetzt, das Business-Center in weiteren Sparkassen zu etablieren. Im Rahmen des Projekts wurde ein Gesamtpaket an Unterstützungsleistungen und Hilfsmitteln für eine standardisierte Umsetzung erarbeitet. Neben dem DSGV waren in dem Projekt Sparkassen, Regionalverbände, Verbundpartner wie die FI und Akademien eingebunden; die Ergebnisse wurden über den Umsetzungsbaukasten zusammengefasst. Erfolgreich nutzende Sparkassen des Business-Centers berichten, dass sie auf diesen persönlich-medialen Vertriebs- und Servicekanal nicht mehr verzichten wollen. 

Der Weg dahin ist jedoch nicht vorgegeben. Es führen viele Wege, zum Teil ganz unterschiedliche, zum Ziel. Das FI-Magazin hat deshalb mit zwei Sparkassen über ihren individuellen Weg zum Business-Center gesprochen. Die Sparkasse Uelzen Lüchow-Dannenberg startete im August 2020 mit den ersten Maßnahmen; Anfang 2021 hat sie die Arbeit im Business-Center aufgenommen. Noch früher, nämlich im Herbst 2018, startete die Sparkasse Oberland nach einer Entscheidung des Vorstands mit ersten Ideen und Konzepten zur Bündelung der Firmenkunden.

Tipp zur Einführung des Business-Centers: 

Institute, die sich ebenfalls mit der Einführung eines Business-Centers beschäftigen, sollten sich zunächst an ihren Regionalverband wenden. Diese bieten unter Einbindung der Finanz Informatik gegebenenfalls entsprechende Umsetzungsangebote.

Interview zur Einführung des Business-Centers im Firmenkundengeschäft 

Philipp Kahl, Bereichsleiter Vertriebsmanagement, Sparkasse Uelzen Lüchow-Dannenberg und Thomas Grün, Direktor Firmenkunden und stellvertretendes Vorstandsmitglied, Sparkasse Oberland*, im Gespräch mit dem FI-Magazin. 

FI-Magazin: Was war der entscheidende Schritt oder Impuls, das BC einzuführen? 

Philipp Kahl: Wir haben als Haus die Einführung der VdZ FK insgesamt beschlossen. Das heißt, dass wir nach einer längeren Phase von geringerer Veränderung einmal den Firmenkundenbereich insgesamt konzeptionell auf die Verbandsempfehlung angepasst haben. In dem Kontext sind wir auch der Empfehlung zu einer zentralen Betreuung der Geschäftskunden gefolgt. Entsprechende Erfahrungen mit den Mechanismen haben wir bereits im Bereich Kunden-Service-Center und dem Digitalen Beratungscenter gesammelt. 

Thomas Grün: Wir haben in den vergangenen 20 Jahren schon vielfältige Versuche unternommen, die Geschäftskundenberatung in unserem Haus zu regeln. Diese Versuche waren für uns alle nicht zufriedenstellend. In der strategischen Konsequenz haben wir uns dazu entschlossen,

  • diese Kunden, stärker als bisher aktiv zu betreuen,
  • in den Erlösen zu wachsen 
  • und dabei ein hohes Maß an Effizienz anzuwenden. 

Als ich 2018 an einer Fachtagung zur »Business-Line« (den Begriff »Business-Center« gab es damals noch nicht) teilgenommen habe, ist der Groschen gefallen und ich war »BC-infiziert«.

FI-Magazin: Was waren die ersten und weiteren Schritte zur Umsetzung? Philipp Kahl: Nach der Bestimmung der Projektleitung haben wir den Business-Center-Leiter und das Organigramm vorgegeben. Danach haben wir die zu erledigenden Aufgaben zum Aufbau eines Business-Centers (erst im Tandem Projektleitung und designierte BC-Leitung, dann im Projektteam) strukturiert und mit Meilensteinen und Terminen versehen – also klassisches Projektmanagement. Danach ging es um die Umsetzung der erstellten Aufgabenpakete. Eine eingeführte ISP und Aktivlinie haben einiges an Komplexität aus der Thematik genommen. 

Thomas Grün: Am 01.01.2019 haben wir mit der Konzeptionsarbeit begonnen. Damals gab es verbandsseitig noch so gut wie keine Unterstützung. Wir standen seinerzeit also regelrecht auf der grünen Wiese. Wenn ich daran denke, was die Verbandsorganisation dahingehend heute anbietet, könnte ich fast neidisch werden. Nach drei Monaten Konzeptionsarbeit sind wir am 01.04.2019 mit einer Mitarbeiterin im Rahmen einer »Family-and-Friends-Phase« gestartet. Die Kollegin kam aus einer Geschäftsstelle und sie hat »ihre« Geschäftskunden einfach mitgenommen. Das hat den Start ungemein erleichtert. In dieser Phase haben wir gelernt und das System BC weiterentwickelt, so dass wir stufenweise neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Bord holen und weitere Geschäftskunden integrieren konnten. Insgesamt hat der Aufnahmeprozess dann aber doch fast anderthalb Jahre gedauert, wobei wir uns bewusst für einen Stufenplan entschieden haben.

FI-Magazin: Auf welche Faktoren sollte man besonders achten? 

Philipp Kahl: Am wichtigsten ist eine grobe Auftragsklärung in der Anfangsphase, so dass für alle Beteiligten keine »politischen« Themen einer guten Umsetzung im Weg stehen. Für mich sind die wichtigsten Fragen: 

  • Wer verantwortet das Business-Center künftig? 
  • Wo ist es organisatorisch angesiedelt? 
  • Welche Aufgaben soll das Business-Center übernehmen? 

Alle weiteren Details kann man wunderbar in der Sache im Projekt erarbeiten. 

Thomas Grün: Die wichtigsten Punkte sind das klare Bekenntnis des Gesamtvorstandes und die Kommunikation, nicht nur nach außen (also gegenüber den Kunden), sondern vor allem nach innen. Es war für uns schon erstaunlich, wie wenig Kunden sich über die Systematik »Betreuung im BC« beschwert haben. Ich kann diese Kunden an einer Hand abzählen und wie viel interner Widerstand zu beobachten war. Es gab schon viele Stimmen von Kolleginnen und Kollegen mit Aussagen wie »das funktioniert doch nie« oder »das werden die Kunden niemals mitmachen«. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, die richtigen Mitarbeiter an Bord zu holen. Wir wollen ein motiviertes, kompetentes und qualifiziertes Team, mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die richtig Lust auf die Arbeit im BC haben. Und zu guter Letzt sollte auf die rechtzeitige Auseinandersetzung mit den relevanten Prozessen mit Einbindung der entsprechenden Fachabteilungen geachtet werden, sonst hinkt der Effizienzansatz zu lange hinterher.

FI-Magazin: Würden Sie rückblickend den Einführungsprozess verändern? 

Philipp Kahl
Bereichsleiter Vertriebsmanagement
»Insgesamt ist der Einführungsprozess planmäßig abgelaufen. Die kurze Umsetzungszeit war tatsächlich nicht hinderlich, sondern hat zu einer hohen Umsetzungskonsequenz geführt. Allerdings war dieses Tempo auch nur deswegen möglich, weil die Projektmitglieder untereinander in sehr vertrauensvoller Weise arbeiten konnten und der Projektgruppe hausseitig ebenfalls viel Vertrauen entgegengebracht worden ist, so dass keine aufwändigen Entscheidungsfindungen auf mehreren Ebenen erfolgen mussten.«


Thomas Grün: Insgesamt hat sich unser Einführungsprozess als richtig herausgestellt. Das soll aber nicht heißen, dass wir jedem Haus unseren Einführungsprozess empfehlen. Jedes Haus befindet sich in einer anderen Ausgangssituation, und bekanntlich führen ja viele Wege nach Rom

FI-Magazin: Wie finden Ihre Kunden das neue Angebot und wie nutzen sie es bislang? 

Philipp Kahl: Kundenseitig gab es eine harte Umstellung kommend von persönlicher Betreuung in der Fläche hin zu zentraler Poollösung bei digital-/telefonischer Betreuung. Der Schnitt könnte kaum härter sein. Trotzdem sind mir von unserem Business-Center-Leiter keine überbordenden Beschwerden gemeldet worden. Umgedreht werden aber die Leistungsfähigkeit und die Geschwindigkeit der Prozesse von den Kunden sehr geschätzt

Thomas Grün: Wir erhalten sehr viele positive Feedbacks unserer Kunden. Besonders schätzen sie die hohe Erreichbarkeit, die Bequemlichkeit und die Schnelligkeit im BC. Viele unserer Kunden sind »One-Man-Shows«, die haben gar nicht die Zeit und die Lust, während ihrer Arbeitszeit in eine Geschäftsstelle zu fahren oder Stunden auf einen Rückruf vom Berater zu warten. Für die allermeisten unserer Kunden ist der Anruf im BC inzwischen Normalität. Dadurch, dass wir alle Kundengespräche in OSPlus dokumentieren, funktioniert die Übernahme einer schwebenden Angelegenheit durch eine /n andere /n Kollegin/ en inzwischen einwandfrei.

Thomas Grün
Direktor Firmenkunden und stv. Vorstandsmitglied
»Wir erhalten sehr viele positive Feedbacks unserer Kunden. Besonders schätzen sie die hohe Erreichbarkeit, die Bequemlichkeit und die Schnelligkeit im BC.«


FI-Magazin: Wie geht es weiter? Geben Sie uns einen kleinen Ausblick, was die nächsten Schritte sind? 

Philipp Kahl: Nach einem gelungenen Start sehen wir nun, dass die personelle Ausstattung einer solchen Einheit volatiler ist, als andere Einheiten. Das ist erstmal nicht verwunderlich, da es sich ja oft um junge dynamische Einsteiger im gewerblichen Geschäft handelt, die sich weiterentwickeln wollen. Allerdings wird diese Herausforderung im Rahmen von knappen Personalkörpern und unter Pandemiebedingungen noch schwieriger, so dass es in erster Linie darum geht, Know-how und Leistungsfähigkeit Schritt für Schritt auszubauen. Weitere Entwicklungsschritte, die sich unser Business-Center-Leiter auf die »Fahne geschrieben« hat, sind eine konsequente OSPlus_neo-Ausrichtung und der Aufbau des Supports für das Firmenkundenportal. 

Thomas Grün: Im Zuge der Fusion der Sparkasse Oberland mit der Kreissparkasse Garmisch-Partenkirchen werden wir die Geschäftskunden aus dem Hause Garmisch in das BC überführen. Dadurch wird das BC noch einmal um ca. 1.800 Kunden wachsen, wofür wir natürlich auch das entsprechende Personal benötigen. In den nächsten Monaten werden wir das erforderliche Personal akquirieren und qualifizieren. Ein weiterer wesentlicher Schritt ist der Umzug des BCs in neue Räumlichkeiten. Wie ich schon erwähnte, haben wir in kleinen Schritten begonnen und das betraf natürlich auch die Arbeitsplatzausstattung. Inzwischen ist unser BC eine bedeutsame Institution in unserer Sparkasse, für die wir nunmehr auch die entsprechend hochwertige Ausstattung an Arbeitsplätzen und Arbeitsmitteln zur Verfügung stellen wollen. 

FI-Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

*Hinweis: Zum 1. Juni 2022 fusionieren die Sparkasse Oberland und die Kreissparkasse Garmisch-Partenkirchen zur neuen Sparkasse Oberland.